Allendorfer lied & gedicht


Allendorfer Lied: „Zou Aandoarf eann de schiene Schweiz“

Zou Aandoarf ean de schiene Schweiz,
woas leabt merr do so foi,
|: wäj kann merr nur wo annerscht wuhn,
eann neatt voo Aandoarf soi :|

De Jirrebeärg, de Hubbestoa,
woas hu merr e Gebirch,
|: doas Storchneäst doas eas weit bekoat,
doo oowe bei de Kirch :|

Merr leäwe geann nooch Schweizer Oart,
merr huu geänn de Gesang,
|: drimm siange merr meät Leäb eann Loust,
voo Aandoarf leäwenslang :|

Dies ist ein überliefertes altes Lied aus und über Allendorf/Lahn und wurde von dem Dorfschullehrer Heinrich Kimmel im Jahre 1934 getextet.

Übersetzt ins Hochdeutsche: "Zu Allendorf, in der schönen Schweiz"

Zu Allendorf, in der schönen Schweiz (1)
was lebt man dort so fein.
Wie kann man nur wo anders wohnen
und nicht von Allendorf sein.

Der Judenberg (2) , der Hoppenstein (3)
was haben wir für ein Gebirge,
Das Storchennest (4) ist weit bekannt
dort oben bei der Kirche.

Wir leben gerne nach Schweizer Art
Wir haben den Gesang gerne
Darum singen wir mit Liebe und Lust
von Allendorf lebenslang.

(1) Schweiz ist der Übername, der Spitzname von Allendorf/Lahn
(2) „Judenberg“ ist das Streuobstwiesengebiet zwischen der ehemaligen Kreisabfalldeponie und der Ortsbebauung in der Friedhofstraße (die größte zusammenhängende Steuobstwiesenfläche Oberhessens)
(3) „Hoppenstein“ ist das Gebiet des Allendorfer Wäldchens
(4) bis in die 50-er Jahre hinein befand sich in der Nähe der Kirche ein weithin bekanntes Storchennest


Allendorfer Gedicht: „Mein Allendorf“

(von Wilfried Baumnann, 1990)

Schaue vom Kahlweg ich auf’s Dorf hernieder,
Wird in mir leise die Erinnerung wach.
Vergangene Jugendzeit, sie kehret wieder
Zurück, ein Lied klingt tief im Herzen nach.

Es ist das Lied aus frühen Kindertagen,
Wie’s einstmals mit mir meine Mutter sang.
Ich brauchte nicht nach seinem Sinn zu fragen,
Beglückte doch schon ihrer Stimme Klang.

Die kleine Kirche seh’ ich in der Ferne,
Nicht weit davon das alte Elternhaus.
Und die Gedanken weilen oft und gerne
Bei jenen, die dort gingen ein und aus.

Der Jirreberg, wo’s Storchennest einst gestanden,
War aller Buben Mittelpunkt und Ziel.
Hier sich bekämpften dann die Jugendbanden
Mit Lehmgeschossen, beim Geländespiel.

Die Schulen in der Gooswaar sind zu sehen,
Da wurde uns so manches eingebleut.
Was wir als Kinder konnten nicht verstehen,
Im Leben später hat uns nichts gereut.

Wir spielten oftmals an des Kleebachs Rande.
Das Wehr bei Glocks ward mutig überquert.
Der Ararat gehört zum Jugendlande,
Gern ritten wir auf Pieze Opas Pferd.

Das Tribber Wäldche’, Biegärde und Fichte,
Die Koiwaar, Hubbestoa, Zeachwaarerborn;
Und auch des Bergwerkwalds Gestrüppes Dichte,
Durchstreiften wir bei uns’ren Wandertour’n.

Die alten Zeiten, sie sind längst vergangen,
Doch die Erinnerung, sie bleibt besteh’n.
Trag’ einmal noch nach ihnen ich Verlangen,
Will hoch vom Kahlweg ich auf’s Dörfchen seh’n.

Im Geiste ziehen dann an mir vorüber,
Die bunten Bilder aus der Jugendzeit.
Und werden langsam auch die Augen trüber,
Verlieren sie nicht ihre Helligkeit.

Mein Allendorf, du meiner Heimat Stätte,
Sei mir gegrüßt im Jubiläumsjahr.
Das, was ich heute dir zu wünschen hätte:
Wär’s einmal noch, so, wie es früher war.

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Erläuterungen zum Inhalt:
(zusammen gestellt von Thomas Euler)

Der Allendorfer Dorfpoet und Heimatdichter Wilfried Baumann schrieb dieses Gedicht anlässlich der 1200-Jahr-Feier von Allendorf/Lahn im Jahr 1990. Es wurde in der Festschrift veröffentlicht.

Kahlweg
relativ steile Straße in Allendorf (Baugebiet der 1960-er Jahre), in der Wilfried Baumann wohnt

Jirreberg
Flur „Auf dem Judenberg“ (hügelige Fläche mit der größten
zusammenhängenden Streuobstwiesenfläche Oberhessens)

Storchennest
Ein Storchennest in der Nähe der Kirche war einst (bis in die 1950-er Jahre) ein Wahrzeichen Allendorfs

Gooswaar
Flurstück „Auf der Gänseweide“ (heute: Hüttenbergstraße)

Glocks
Dorfname unter anderem der Familie Steinmüller, abstammend vom
Geschäftsmann Konrad Glock. Das Geschäft bzw. die Bäckerei befand sich unmittelbar am Kleebach in der Nähe eines Wehres.

Ararat
Flurstück „Am Angangsberg“, auf dem sich der „Taubenbergswald“
(Taaberchswäldchen) befindet

Pietze Opa
Gemeint ist Heinrich Gärth, Gründer der Evangelischen Stadtmission in Allendorf/Lahn. Pietze ist heute noch ein gebräuchlicher Dorfname.

Tribber Wälche
kleines Eichenwaldstück zwischen Triebstraße und der Bergstraße; fiel in den
1970-er Jahren der Bebauung zum Opfer

Biegärde
Flurstück „Der Biengarten“ (Gelände hinter der Grundschule und der Obergasse)

Fichte
kleines Waldstück an der Gemarkungsgrenze zu Münchholzhausen, in der Nähe des Flugplatzes

Koiwaar
Flurstück „Die Kühweide“, heute Gemeindestreubobstwiese zwischen Hoppensteinstraße und Kleebach (in der Nähe der Untersorger Mühle)

Hubbestoa
Flurstück „Der Hoppenstein“, auf dem sich das Allendorfer Wälchen befindet

Zeachwaarerborn
Quelle in der Gemarkung Lützellinden (Lindbachquelle)

Bergwerkswald
Großes Waldstück, welches sich über die Gemarkungen Kleinlinden, Großenlinden und Gießen erstreckt